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Das Kirchspiel Belm von der Reformation bis zum Westfälischen Frieden

Teil 2: 95 Thesen und die Folgen (1517 – 1541)

Es muss sich eine Menge Verunsicherung, Frust und Wut aufgestaut haben, als ein einfacher Augustinermönch sich dazu hinreißen ließ, 95 kirchenkritische Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche zu nageln. Und sicherlich auch Naivität, da jener Mönch – Martin Luther – nicht im Traum damit gerechnet haben dürfte, was er damit auslöste. Mit Hilfe des im 15. Jahrhundert erfundenen Buchdrucks verbreiteten sich die Thesen für damalige Verhältnisse rasend schnell und fielen in großen Teilen des Heiligen Römischen Reiches auf fruchtbaren Boden. Besonders in den nördlichen und nordöstlichen Territorien geriet die kirchliche Welt so sehr aus den Fugen, dass in der Folgezeit sogar mehrere Bistümer säkularisiert wurden.

Im Raum Osnabrück war man zunächst zurückhaltend. Immer wieder kamen zwar protestantische Prediger in die Stadt, fanden aber keinen großen Nachhall, zumal der Rat der Stadt und erst recht das Domkapitel ablehnend reagierten. Im Jahr 1525 kam es hier zu einem Auflauf, bei dem der städtischen Obrigkeit wirtschaftlichen und rechtlichen Forderungen vorgetragen wurden, die teilweise auch reformatorische Aspekte enthielten. Bischof zu dieser Zeit war Erich von Grubenhagen-Braunschweig (1508 – 1532), ein Welfe, der sein Leben lang der katholischen Lehre treu blieb, ohne die Reformation entschieden zu bekämpfen. Kurz vor seinem Tod wurde er auch zum Fürstbischof von Münster gewählt (in Paderborn war er ebenfalls Bischof), sodass gleich drei benachbarte Bistümer kurz darauf einen neuen Oberhirten brauchten. In Osnabrück und Münster entschied man sich für Franz von Waldeck, der im Vorfeld geschworen hatte, den katholischen Glauben zu schützen. Dennoch zeigte sich bald, dass er der Reformation gegenüber nicht abgeneigt war. In Münster hatte er aber zunächst mal ein ganz anderes Problem. Hier hatte sich die Täuferbewegung zunehmend radikalisiert und schließlich das Täuferreich ausgerufen. Mit Hilfe von kaiserlichen Truppen belagerte von Waldeck die Stadt und eroberte sie schließlich gewaltsam zurück. In Osnabrück versuchte er vergeblich, protestantische Prediger ausweisen zu lassen. Daraufhin gab er nach und schickte sogar seinen eigenen lutherischen Kaplan in die Stadt. Im Jahr 1541 sollte ein folgenschwerer Reichstagsbeschluss in Regensburg die Situation gründlich ändern…

Was in Belm in den ersten Jahren der Reformation passiert ist, darüber wissen wir heute leider sehr wenig. Auch wer hier Pfarrer war, ist uns leider nicht bekannt. Das religiöse Leben dürfte im Kirchspiel Belm mit seiner ländlichen Prägung erst einmal normal weitergegangen sein. Die Kirche bekam (möglicherweise noch kurz vor Luthers Thesenanschlag) das sechsteilige Sandsteinrelief, das lange an der südlichen Außenwand befand und deshalb heute stark verwittert ist und im Inneren hinten rechts zu finden ist. Um 1520 kam wohl ein neuer, hölzerner Altar hinzu, von dem heute nur noch zwei Figuren in der Kirche geblieben sind: eine Darstellung des heiligen Andreas und eine Bischofsfigur, wahrscheinlich der Hl. Wiho, erster Bischof von Osnabrück. Eine weitere Figur, eine Mariendarstellung mit Jesuskind, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts verkauft und ist heute im Landesmuseum in Hannover zu finden. Alle drei Plastiken werden der sog. Werkstatt des Meisters von Osnabrück zugerechnet. Darüber hinaus lag den Belmer Kirchenvorstehern im Jahr 1525 das Ewige Licht als katholischem Symbol anscheinend so sehr am Herzen, dass sie Geld gegen einen ordentlichen Zins verliehen, um dieses Licht in ihrer Kirche weiter unterhalten zu können.

 

Literatur: 750 Jahre St. Dionysius Belm (Festschrift von 1980, Text nach Prof. Johannes Vincke)

von: Oliver Gervelmeyer

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